Georg Trakl
Lebensdaten | Werk
Trakl-Texte
online
* 3.
Februar 1887 Salzburg
+
3.
November 1914 Krakau (Überdosis
Kokain)
Grabstätte:
zunächst Krakau, Rakoviczer Friedhof; ab 1925 Mühlau
bei Innsbruck, Neuer Friedhof
|
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Bedeutendster
Lyriker Österreichs; in alle Weltsprachen übersetzt. Seine rund 100 Gedichte finden erst
nach dem 2. Weltkrieg die ihnen gebührende Beachtung; das Interesse an Trakl nimmt bis in
die Gegenwart immer noch zu.
Traumhafte Sprache und Bildsymbolik; neben die Gestaltung der Schönheit der Welt
treten demaskierend Chiffren des Grauens und der Verzweiflung; Ehrfurcht vor dem Dasein
und Wissen um Vergänglichkeit und Untergang, Ringen um Erlösung von Schuld und Tod;
expressive Verwendung der Farben, Reihungsstil.
Viertes von
sechs Kindern des wohlhabenden (protest.) Eisenwarenhändlers Tobias Trakl (1837-1910) und seiner Frau Maria
Catharina, geb. Halik (1852-1925). Geburtshaus: Waagplatz Nr. 3. Großbürgerliches, liberal eingestelltes, kunstliebendes
Elternhaus. Geschwister: Gustav (*1880), Maria (*1882), Hermine (Minna, *1884), Friedrich (*1890), Margarethe (Grete, 1891-1917); Halbbruder aus
der ersten Ehe des Vaters: Wilhelm (*1868).
Gutes Verhältnis zum Vater, Leiden unter der lieblosen Mutter, die sich mehr um
ihre Antiquitätensammlung kümmert als um ihre Kinder; wächst unter der Obhut
einer elsässischen (kath.) Gouvernante auf. Verhaltensstörungen,
Traumzustände; schwieriger und schlechter
Schüler; mutmaßlich inzestuöse Beziehung zur Schwester Grete. Zeitlebens
drogenabhängig, depressiv, menschenscheu.
Wichtige Lebensdaten:
1892 |
Übungsschule der katholischen Lehrerbildungsanstalt in Salzburg. |
1897 |
Eintritt in das humanistische k. k. Staatsgymnasium; erste
lyrischer
Versuche. |
1902 |
Erste Rauschgiftexperimente (Chloroform, Opium). |
1905 |
Nichtversetzung;
vorzeitiger Abgang vom Gymnasium mit mittlerer Reife. |
1905-08 |
Praktikant in der Apotheke "Zum weißen Engel". |
1906 |
Trakls Totentag. Dramatisches Stimmungsbild in einem Akt
und Fata Morgana. Tragische Szene (nicht erhalten) werden im März/September im
Salzburger Stadttheater uraufgeführt. |
1908-10 |
Pharmaziestudium in Wien; Erwerb des Magistergrads. |
1910 |
Juni: Tod des Vaters. Finanzielle Schwierigkeiten. |
1910-11 |
Einjähriger
Militärdienst als Pharmazeut bei der k. k. Sanitätsabteilung Nr. 2 in
Wien. |
1911 |
Rückkehr nach Salzburg; Stelle als Rezeptarius in der Apotheke
"Zum weißen Engel"; Okt.: Bewerbung um eine Stelle als
Rechnungspraktikant im Wiener Ministerium für öffentliche Arbeiten.
Dez.: Ernennung zum nichtaktiven
Landwehrmedikamentenakzessisten; Antrag auf Aktivierung als Militärapotheker. |
1912 |
Apr.: Probedienst im Innsbrucker Garnisonsspital; Bekanntschaft mit dem Herausgeber des Brenner,
Ludwig von Ficker, der von nun an regelmäßig Gedichte von T.
veröffentlicht. Okt.: nach
Abschluss der Probezeit Militär-Medikamentenbeamter; 31. Dez.: Rechnungspraktikant im Arbeitsministerium in Wien. |
1913 |
1.
Jan.: Entlassungsgesuch; T. bleibt dem Dienst fern. Rückkehr nach
Innsbruck; Existenzkrise, Schulden, Depressionen. Meist beim Freund und
Gönner Ludwig von Ficker in Mühlau oder dessen Bruder in Hohenburg;
Salzburger Aufenthalte; Jul. - Aug.: unbezahlter Probedienst als
Rechnungspraktikant im Wiener Kriegsministerium; Abbruch. Aug.: zwei
Wochen mit Freunden (Adolf Loos, Karl Kraus, Peter Altenberg) in Venedig;
Nov.: Berufsbemühungen in Wien. |
1914 |
März: bei der kranken Schwester Grete in Berlin
(Fehlgeburt); Reise zum Gardasee; Innsbruck. Nach Kriegsausbruch zieht T.
am 24. Aug. als Medikamentenakzessist im Leutnantsrang ins Feld; über
Salzburg und Wien an die Front in Galizien; Sept.: in der Schlacht
von Grodek/Galizien eingesetzt; muss in einer Scheune 90 Schwerverwundete
zwei Tage allein betreuen,
ohne ihnen helfen zu können: Selbstmordversuch; 8.10.: zur Beobachtung seines Geisteszustandes
ins Garnisonsspital von Krakau. Hier wahrscheinlich Selbstmord; Diagnose: endogene
Schizophrenie. Sein
Diener "war der einzige Mensch, der bei Trakls Begräbnis als
Leidtragender zugegen war." (Ludwig von Ficker). |
1917 |
Selbstmord
der Schwester Grete in Berlin. |
Werke:
(e =
entstanden; Z = Zeitschriftenveröffentlichung)
Lyrik
1913
(1909-13 e) |
Gedichte: u.a.: Die schöne Stadt; An den Knaben
Elis; Im Winter; De profundis; Vorstadt im Föhn; Die Ratten; In den Nachmittag
geflüstert; Psalm; Verfall; Helian |
1913-14
Z |
Gedichte
im "Brenner" |
1915
(1912-14 e) |
Sebastian im Traum. Gedichte:
u.a.: An den Knaben Elis; Elis; Kaspar Hauser
Lied; Ein Winterabend; Untergang |
1914-15 Z |
Gedichte im "Brenner": u.a.:
Grodek; Offenbarung
und Untergang |
Prosadichtungen
1906 Z |
Traumland. Eine Episode
Aus goldenem Kelch: Barrabas. Eine Phantasie
Aus goldenem Kelch: Maria Magdalena. Ein Dialog
Verlassenheit (Prosaskizze) |
1947 |
Offenbarung und Untergang. Die Prosadichtungen |
Werkausgaben
1919 |
Die
Dichtungen. Erste Gesamtausgabe, hg.
v. Karl Röck, Leipzig: Wolff |
1939 |
Aus goldenem Kelch. Die Jugenddichtungen, hg. v. Erhard
Buschbeck, Salzburg: Otto Müller |
1945 |
Die Dichtungen.
Gesamtausgabe, hg. v. Kurt Horwitz, Zürich: Arche |
1948-51 |
Gesammelte
Werke, hg. v. Wolfgang Schneditz, Salzburg: Otto Müller (3 Bde.) |
1969/87 |
Dichtungen und
Briefe. Historisch-kritische Ausgabe; hg. v. W. Killy und H. Szklenar, Salzburg:
Otto Müller (2
Bde.) |
1995 |
Sämtliche
Werke und Briefwechsel, hg. v. Hermann Zwerschina, Frankfurt/Basel:
Stroemfeld/Roter Stern (4 Bde. + 2; "Innsbrucker Ausgabe") |
Trakl-Seite
von Christian Kubb
Die schöne Stadt
Alte Plätze sonnig
schweigen.
Tief in Blau und Gold versponnen
Traumhaft hasten sanfte Nonnen
Unter schwüler Buchen Schweigen.
Aus den braun
erhellten Kirchen
Schaun des Todes reine Bilder,
Großer Fürsten schöne Schilder.
Kronen schimmern in den Kirchen.
Rösser tauchen aus
dem Brunnen.
Blütenkrallen drohn aus Bäumen.
Knaben spielen wirr von Träumen
Abends leise dort am Brunnen.
Mädchen stehen an
den Toren,
Schauen scheu ins farbige Leben.
Ihre feuchten Lippen beben
Und sie warten an den Toren.
Zitternd flattern
Glockenklänge,
Marschtakt hallt und Wacherufen.
Fremde lauschen auf den Stufen.
Hoch im Blau sind Orgelklänge.
Helle Instrumente
singen.
Durch der Gärten Blätterrahmen
Schwirrt das Lachen schöner Damen.
Leise junge Mütter singen.
Heimlich haucht an
blumigen Fenstern
Duft von Weihrauch, Teer und Flieder.
Silbern flimmern müde Lider
Durch die Blumen an den Fenstern.
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Verfall
Am Abend, wenn die
Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch
den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch
mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser
Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.
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